Le Corbusier

 

Die Bedeutung der Musik in Le Corbusiers Architektur- oder Kunsttheorie ist am Beispiel des Modulors gut zu erfassen. Ausgangspunkt waren Le Corbusiers Bemühungen, Fragen der räumlichen Gestaltung aus der Analogie mit den musikalischen Sachverhalten zu beantworten. Le Corbusier, dessen Mutter und Bruder Musiker waren, verstand sich als einen Menschen „mit dem Kopf voller Proportionen, vom Wunsch nach Harmonie besessen“. Schon früh hatte er sich mit entwurfsbestimmenden Liniensystemen, den tracés régulateurs, befasst. Sein 1950 veröffentlichter Modulor beruht auf zwei nach dem Goldenen Schnitt bestimmten Maßketten. Er bezeichnet diese als „ eine harmonische Tonleiter mit der Stimmgabel der menschlichen Gestalt“. Die „visuelle Akustik“ der nach dem Modulor entworfenen Formen erklärte er mit der natürlichen Fähigkeit des Menschen, akustische Phänomene mit dem Auge wahrzunehmen: „Das Ohr kann die Proportionen sehen. Man kann die Musik der sichtbaren Proportionen hören“. Die Erfindung des Modulor hat auch umgekehrt einen Weg von der Architektur in die Musik geöffnet: Sein langjäriger Assistent, der Komponist Iannis Xenakis, hatte 1954 den Modulor bei der Bestimmung der Zeitverhältnisse in seiner Komposition „Metastasis“ angewendet.